Freitag, 3. August 2007

Hochseilakrobatik

Daniel PeisDer junge Innsbrucker Filmemacher Daniel Peis im Gespräch mit FILMFEST-Moderatorin Kathi König über die Faszination des Slacklinen, die Arbeit im extremen Gelände und über das nächste Projekt.


? Letztes Jahr hast Du uns zum Filmfest einen Film übers Klettern mitgebracht, die Leidenschaft dabei und vielleicht auch die Sucht - dieses Jahr werden wir mit "Slackliner - The movie" 20 spannende Minuten „Slacklinen“ erleben. Was war der Reiz für dich, gerade über diese, für viele von uns wahrscheinlich vollkommen verrückte Sportart einen Film zu machen?

Für mich war es immer schon sehr interessant, die Welt hinter der Kamera zu entdecken und zu erleben. So entstand letztes Jahr mein erster Film „The Virus“, der von modernem Sportklettern und Buildering (Klettern an Gebäuden und Brücken) in Tirol handelt. Ich durfte mit dem Video zahlreiche internationale Bergfilmveranstaltungen besuchen und lernte dabei einige sehr bekannte Bergfilmer kennen. Daraus resultierte meine Motivation für einen weiteren Bergsportfilm. Warum ich mir gerade das „Slacklinen“ dazu ausgesucht habe, ist recht einfach zu erklären:
Seit letztem Jahr hat die Slackline nun fast alle Parks in meiner Heimat erobert. Überall sieht man junge Leute, die zusammen mit Freunden eifrig unterschiedliche Tricks auf der Line ausprobieren und sichtlich Spaß dabei haben. In unserem Computerzeitalter fehlen meiner Meinung nach besonders die zwischenmenschlichen Beziehungen. Jegliche Kommunikation funktioniert über das Handy oder den Computer. So finde ich gerade das Slacklinen abgesehen vom sportlichen Aspekt etwas ganz Besonderes und Wertvolles. Man muss nicht stundenlang mit dem Auto fahren, man braucht kein Vermögen in teure Sportausrüstung investieren…

? Also eine Sportart für jedermann...

Slacklinen kann jeder, egal ob arm oder reich, jung oder alt.
Um allerdings unserer Zielsetzung gerecht zu werden, den Slackline-Sport und die wunderschöne Natur Tirols einzufangen, haben wir das Slacklinen im Park ausgeschlossen.
So mussten wir uns ganz besondere Spots überlegen, um die Thematik dieser Sportart kombiniert mit Landschaftsaufnahmen von der heimischen Bergwelt in einem spannenden Film zu verpacken.
Zusammen mit Christian Waldner konnte ich meine Vorstellungen über den Film besprechen und schließlich durch seine sportliche Leistung in die Realität umsetzen. So entstand nun ein Film der sowohl mit bewegten Bildern als auch mit interessanten Interviews einige wichtige Aspekte des Slacklinen beinhaltet. Wem das Balancieren auf einer Slackline zwischen zwei Bäumen bereits zu langweilig geworden ist, der kann sich bei unserem Film neue Ideen holen und sich davon inspirieren lassen. Aber Vorsicht, Highlinen erfordert Vorkenntnisse in Sachen Absicherung und ist für Anfänger nicht zu empfehlen.

? Dreharbeiten in solch einem Gelände - 50 Meter über dem Abgrund, ein Schlauchband auf eine freistehende Felsnadel zu und dann jemand, der drüber balanciert - sind sicher nicht einfach! Sind irgendwelche Schwierigkeiten aufgetreten? Gab’s irgendwann einen Punkt an dem man das Projekt lieber hätte sausen lassen? Oder war die Sucht dann doch zu groß?

Dazu ist ganz klar festzuhalten, dass unser gesamtes Team, das an diesem Filmprojekt beteiligt war, bereits langjährige Erfahrungen im Sportklettern hat. Nach zahlreichen Eröffnungen neuer Sportkletterrouten bis in den 10. Schwierigkeitsgrad war es für mich kein Problem, die Verankerungspunkte auf der Rumer Nadel zur Befestigung der Highline sicher einzubohren. Schon im vorigen Jahr testeten Christian Waldner und ich die Festigkeit einiger Slacklines an der Technischen Universität in Innsbruck im Labor. Dies war sicher ein wesentlicher Schritt, um das Verhalten der Slackline unter Belastungen näher einschätzen zu können.
Die einzige Unsicherheit hatten wir am Taschachferner. Anfänglich waren wir uns nicht ganz sicher, ob es grundsätzlich möglich ist, eine statische Verankerung im Eis herzustellen, die der Zugbelastung der Slackline über einen Zeitraum von ein paar Stunden standhalten kann. Tatsache ist, dass bei Eisschrauben unter ständiger Belastung solch enorme Druckkräfte an den Kontaktstellen auftreten, dass die Eisschrauben in einigen Minuten aus dem festen Eis einfach herausschmelzen. Eine andere Möglichkeit zur Sicherung im blanken Eis ist das Errichten einer so genannten Eisuhr. Dabei bohrt man mit möglichst langen Eisschrauben unter einem Winkel von jeweils 60 Grad zwei Eiskanäle, die sich am Ende treffen und fädelt eine Reepschnur durch, an die man dann die Slackline anbringen kann.

? Und das habt Ihr gemacht?

In unserem Fall frästen wir mit einem Akkubohrer einen Kanal von 3 cm Dicke und 40 cm Tiefe ins Eis. Dadurch sollte der Begehung über die Gletscherspalte nichts mehr im Wege stehen. Leider hatten wir am Tag nur während den Aufbauarbeiten halbwegs stabiles Wetter, das sich allerdings während dem Versuch, die Spalte auf der Slackline zu überqueren, von Minute zu Minute verschlechterte. Wir waren gezwungen, bei starkem Regen und Gewitter wieder zurück zum Taschachhaus zu gehen und konnten erst wieder etwas später in der Nacht für einen erneuten Versuch aufbrechen.
Um das Gefahrenpotential am Taschachferner so gering wie möglich zu halten, wurden wir bei der gesamten Unternehmung vom Zirler Bergführer Otti Hauer von Exclusive Guiding begleitet, beraten und optimal unterstützt.

? Mir scheint, dass Dich nicht nur die Leidenschaft an Extremsportarten gepackt hat, sondern auch am Filmen... Und bin gespannt, was wir da von Dir noch erwarten dürfen! Gibt’s schon neue Projekte?

Ich fliege bereits am 4. September, gleich nach unserer Filmpremiere in St. Anton, nach Island, um am Gletscher des Vulkans Hvannadalshnùkur (höchste Erhebung Islands) eine spektakuläre Skiabfahrt zu filmen. Sollte es mir gelingen, diese Filmidee zu verwirklichen, dann wäre ich im nächsten Jahr beim 14. Filmfest in St. Anton gern wieder dabei.

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